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Komplexitätsforschung in der Wirtschaftswissenschaft

Eine zunehmende Komplexität wird in zahlreichen Forschungsarbeiten der letzten Jahre – aber auch in Medienberichten – immer dann heraufbeschworen, wenn Probleme und Entwicklungen beschrieben werden die nur schwer verständlich erscheinen. Komplexität erscheint hier mehr als eine Art Entschuldigung für Unwissenheit und weniger als eigenständiger wissenschaftlich fundierter Begriff, der tatsächlich etwas erklären kann.

Die moderne Komplexitätsforschung bietet sowohl einen theoretischen Rahmen für eine saubere Definition für den Begriff der Komplexität an, als auch Methoden um Komplexität nachzuweisen, sie in ihrem Ausmaß zu messen und ihre Veränderung im Verlauf der Zeit nachzuvollziehen.

Vorstellungen der Wirtschaftswissenschaft sind in der Regel zu einfach, um zu stimmen

Die moderne Komplexitätsforschung nutzt mathematische Methoden und naturwissenschaftlich fundierte Erklärungsmodelle die zeigen können, dass Vereinfachungen, die typischer Weise bei der Erklärung von Wirtschaftsprozessen vorgenommen werden zu vollkommen falschen Vorstellungen über das Wesen dieser Prozesse führen und als Prognosemodelle scheitern müssen.

Planung, Organisation und Kontrolle

Vielfach findet sich z.B. im Management die Auffassung, dass eine umfassende Planung eine darauf aufbauende Organisation relevanter Prozesse und die Kontrolle der getroffenen Vorgaben dann die erfolgreiche Steuerung einer Organisation erlauben, wenn diese Planung nur korrekt genug, die Organisation nur detailliert genug und die Kontrolle nur lückenlos genug durchgeführt werden.

Die Komplexitätsforschung zeigt aber, dass Chaos und Komplexität auch dort auftreten, wo man über umfassende Informationen verfügt, eine Planung und gezielte Steuerung eigentlich möglich sein sollte. Chaos entsteht nicht durch ein zu wenig an Wissen und kann durch eine bessere Planung nicht ausgeschlossen werden. Wer hier mehr Ressourcen und Mühe einsetzt wird nicht bessere Planungsresultate erhalten. Stattdessen ist ein ganz und gar anderer Umgang mit den Themen Planung, Organisation und Kontrolle notwendig um in komplexen Systemen Ziele erfolgreich verfolgen zu können.

 Complexity-Research widmet sich sowohl der Grundlagenforschung etwa zur Messung von Komplexität in Wirtschaftsprozessen als auch in der Entwicklung von Tools zum Umgang mit Komplexität.

Abbildung: Rössler-Attraktor

Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus dem Rössler-Attraktor. Dabei handelt es sich um die Darstellung eines recht einfachen mathematischen Systems, welches trotz seiner Einfachheit zu Chaos fähig ist. D.h. für dieses System ist es trotz Kenntnis der mathematischen Gleichungen nicht möglich eine langfristige Vorhersage zu machen.
Der Chemiker Erwin Rössler hat Chaos mit einem Knetvorgang verglichen, mit dem auch eine Bäckerin, ein Bäcker den Brotteig durchknetet. Der Teigklumpen wird auf der Arbeitsplatte zunächst auseinander gedrückt oder gewalzt. Was gerade noch dicht beisammen war, wird auseinandergetrieben. Danach wird der Teig zusammengefaltet und wieder zu einem Klumpen vereint, bevor er erneut ausgewalzt und wieder zusammengelegt wird.
(Mehr dazu: Strunk, G. & Schiepek G. (2014) Therapeutisches Chaos)

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